Rede zum Haushaltsentwurf 2019
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Rede zum Haushaltsentwurf 2019

Fraktionsvorsitzender Reinhard Müller, Kraichtal, 16. Januar 2019:

Sehr geehrter Herr Hintermayer, werte Gemeinderatskollegen, sehr geehrte Mitbürgerinnen und Mitbürger,

mit dem heutigen Haushaltsentwurf 2019 werden für die Stadt zukunftsweisende Entscheidungen getroffen, laufende Projekte weiterfinanziert, Verwaltungsabläufe oder auch die Infrastruktur verbessert und damit die Grundlagen für eine bessere Lebensqualität unserer Kraichtaler Bürger gelegt.

Das gesamtwirtschaftliche Umfeld, die Beschäftigungssituation, auch die Auftrags- und Wirtschaftslage in der Industrie ist momentan noch gut, so dass sich die Finanzkraft der öffentlichen Hand auch im Jahr 2019 noch auf hohem Niveau bewegen wird. Allerdings sind erste Wolken am Konjunkturhimmel sichtbar. Eine vorsichtige Haushalts- und Finanzplanung ist deshalb oberstes Gebot und der Grundsatz der Wirtschaftlichkeit bei allen Entscheidungen in den Vordergrund zu stellen. Bei den Haushaltszahlen möchte ich mich auf das Wesentliche beschränken: 

Der Überschuss im Verwaltungshaushalt beträgt rund 1 Mio. € und ist damit höher als noch vor wenigen Monaten prognostiziert. Die Investitionen liegen mit knapp 9 Mio € etwas niedriger als im Vorjahr, sind aber immer noch deutlich höher als der Durchschnitt der vergangenen 5 Jahre. Zur Finanzierung sollen neue Kredite in Höhe von 3,5 Mio. aufgenommen werden, der Gesamtschuldenstand wird damit weiter auf rund 12,3 Mio. € ansteigen. Gleichzeitig sind aber noch Rücklagen in Höhe von 5,7 Mio. € vorhanden. Wir Freien Wähler befürworten trotz der noch hohen Rücklagen die weiteren Kredite, weil damit die langfristigen Projekte mit den derzeitigen Niedrigzinsen günstig finanziert werden können.

Die allgemeine Finanzlage der Stadt stellt sich heute deutlich positiver dar als in der mittelfristigen Finanzplanung erwartet wurde. Zum einen wirkt sich ein gutes Haushaltsergebnis aus dem Jahr 2018 auf die noch verfügbaren Rücklagen aus. Zum anderen profitieren wir 2019 von einem höheren Gemeindeanteil an der Einkommen- und Umsatzsteuer, höheren Landeszuschüssen bei der Kinderbetreuung, höheren Schlüsselzuweisungen und nicht zuletzt von einer Kürzung der Kreisumlage auf 30 %. Vor diesem Hintergrund sind die vorgesehenen Investitionen auch finanziell tragfähig:

Der Neubau der Gemeinschaftsschule erfordert eine 4. Finanzierungsrate von 4,7 Mio. € . Damit kann dieses Großprojekt voraussichtlich bis zum Schuljahresbeginn im Sept. 2019 wie geplant bezugsfertig sein. Der Kostenrahmen wird nach derzeitiger Kalkulation ebenfalls eingehalten, was bekanntlich in der heutigen Zeit nicht selbstverständlich ist. Dafür den verantwortlichen Mitarbeitern der Stadtverwaltung und dem Planungsbüro unseren ausdrücklichen Dank! Mit dem Bau der Gemeinschaftsschule haben wir in der Sekundarstufe ein Schulkonzept, das den Kraichtaler Kindern wohnortnah einen mittleren Bildungsabschluss ermöglicht und ihnen anschließend alle weiteren Bildungswege offen hält.

In Landshausen wurde die Grundschule wegen fehlender Lehrkräfte im vergangenen Jahr leider geschlossen. Veranlasst wurde die Schließung einzig und allein vom Staatlichen Schulamt. Wir hätten die Grundschule in Landshausen gerne beibehalten, natürlich unter der Voraussetzung, dass eine gute Unterrichtsqualität gesichert gewesen wäre. Dieses war leider nicht der Fall. Die jetzt noch bestehenden Grundschulen müssen aber auf jeden Fall erhalten bleiben. Jede weitere Schließung einer Infrastruktureinrichtung, sei es Schule, Bankfiliale, Arzt oder Apotheke, bedeutet auch ein Weniger an Grundversorgung, Attraktivität, Lebens- und Wohnqualität in dem betreffenden Stadtteil. 

Im Bereich Kindergärten hält Kraichtal mit insgesamt 11 Einrichtungen, Betreuung ab dem 2. Lebensjahr in allen Stadtteilen und einer zentralen Kinderkrippe in Münzesheim ein vielfältiges Angebot vor. Die Gesamtaufwendungen für die Kinderbetreuung betragen im Haushaltsjahr 2019 stolze 3,5 Mio. €. Wir Freien Wähler stehen zu diesen nicht unerheblichen Ausgaben, denn frühkindliche Förderung und Bildung sind Investitionen in die Zukunft und in unserer heutigen Wissensgesellschaft unabdingbar. Gebührenfreie Kindergärten wären dabei sicher noch ein weiterer Schritt, können aber von einer klammen Kommune wie Kraichtal nicht geleistet werden. Hier sehen wir ganz klar das Land Baden-Württemberg in der Pflicht. 

Ein sinnvolles Angebot wäre auch die Einrichtung einer städtischen Bibliothek. Die Lese- und Rechtschreibkompetenz ist eine Schlüsselqualifikation für die Teilhabe an der Gesellschaft und ist laut OECD bei 20 % der Kinder in Deutschland nur unzureichend vorhanden. Auch viele Erwachsene würden das vielfältige Angebot einer solchen Einrichtung nutzen. Natürlich würde eine Bibliothek auch ein entsprechendes Kostenbudget erfordern. Sie wäre deshalb von der Stadt momentan nur schwierig finanzierbar, sollte aber trotzdem in kommenden Jahren auch nicht ganz aus dem Blickwinkel verschwinden.

Für eine zukunftsorientierte Stadtentwicklung spielt neben Kindergarten und Schule, öffentlicher Nahverkehr, Kultur und Tourismus vor allem auch die Wirtschafts- und Bauförderung ein zentrale Rolle :

Wir brauchen ein aktiveres Flächenmanagement, um zum einen mehr Gewerbeflächen, zum anderen mehr Wohngebiete für junge Familien auszuweisen. Derzeit sind in Kraichtal keine freien Grundstücke für Gewerbe- oder Handwerksbetriebe verfügbar, obwohl bekanntlich mehrere Betriebe auf der Suche nach solchen Flächen sind. Bereits im Jahre 2014 wurde im Gemeinderat über die Erweiterung des Gewerbegebietes „Auf der alten Mühle“ in Münzesheim beraten und von Seiten aller Fraktionen Zustimmung erteilt. Verhandlungen mit Grundstückseigentümern fanden dann aber erst im September 2016 statt und führten leider bis heute zu keinem zufrieden stellenden Ergebnis. Hier müssen wir schneller reagieren. Wenn ein potentieller Standort aufgrund bestimmter Umstände nur schwierig umzusetzen ist, muss man zwangsläufig nach Alternativen suchen. So wäre z. B. im Gewerbegebiet Klosteracker Gochsheim eine Erweiterung in Richtung Münzesheim – Ost schnell und problemlos möglich, da es sich überwiegend um landeseigene Flächen handelt. Voraussetzung für eine solche Erweiterung ist aber, wie schon oft erwähnt, auch eine bessere Verkehrsanbindung dieses Gewerbegebietes. Dazu später noch einige kurze Anmerkungen.

Ein wichtiger Schritt war im Dezember 2018 die Fortschreibung des Bebauungsplanes Klosteracker II. Der Gemeinderat ermöglichte damit die Erweiterung zweier bestehender Betriebe, mit dem Ziel zusätzlich wohnortnahe Arbeitsplätze zu schaffen. Im Vermögenshaushalt 2019 werden für diese Maßnahme 487 000,– € bereitgestellt. Äußerst positiv sehen wir auch die Erschließung „Am Gaisberg“ in Unteröwisheim. Mit den im Haushalt 2019 eingestellten 380 000,– € wird dort in den nächsten Jahren ein interessantes Baugebiet mit attraktiven Wohneinheiten entstehen. Notwendig ist aber auf jeden Fall auch ein neuer Bahnübergang an der Josef-Heid-Straße, der dieses Gebiet in Richtung Westen erschließt. Eine weitere Belastung der Friedrichstraße muss auf jeden Fall vermieden werden. Bereits im Sept. 2015 wurde im Technischen Ausschuss über eine Erweiterung des Wohngebietes „Holder “ in Münzesheim beraten und von allen Fraktionen befürwortet. Leider ist man auch bei diesem Vorhaben bis zum jetzigen Zeitpunkt nicht entscheidend weitergekommen. Hier fordern wir die Verwaltung auf, möglichst zeitnah die weiteren Schritte für eine Bebauung an diesem attraktiven Standort in die Wege zu leiten.

Aber nicht nur in Münzesheim und Unteröwisheim fehlt Baugelände, auch kleinere Stadtteile gewinnen durch den Stadtbahnanschluß an Attraktivität. So wurden z.B. in Gochsheim im Neubaugebiet „Auf der Klamme“ alle städtischen Plätze innerhalb kurzer Zeit verkauft und sind nach bereits zwei Jahren fast vollständig bebaut. Deshalb unsere Forderung an die Verwaltung, in Bezug auf neue Baugebiete schneller und bedarfsgerechter zu agieren.

Ein nach wie vor großes Problem stellt die Verkehrsbelastung in Kraichtal dar. Alle Prognosen gehen von einem deutlich steigenden Verkehrsaufkommen in den nächsten 5 – 10 Jahren aus. Um diese Situation bewältigen zu können, sind wir zwingend auf die Umsetzung der B 35 Ost mit einer Queranbindung in Richtung Kraichtal angewiesen. Die Planungshoheit wie auch die Finanzierung liegt bekanntlich beim Bund. Wir hier in Kraichtal müssen trotzdem mit allen Möglichkeiten weiter auf die Umsetzung dieses Projektes hinarbeiten.

Ein zweiter Punkt, den ich bereits kurz erwähnt habe, ist die Forderung nach einer Anbindung der Gewerbegebiete Gochsheim und Münzesheim Ost an den Kreisel von Oberacker. Die Pläne für eine Umfahrung von Oberacker liegen seit Jahren auf dem Tisch. Hier steht als zuständiger Träger ganz klar der Landkreis Karlsruhe in der Pflicht und sollte sich endlich dieser Aufgabe stellen.

Ein weiteres Problem das ich ansprechen möchte, ist der mittlerweile schlechte Zustand vieler gemeindeeigener Straßen. Beispielhaft möchte ich hier die Riegelgartenstraße , die Berthold-Bott-Straße oder die Dr. Alfred-Leitz-Straße in Gochsheim aufzählen, aber auch in anderen Stadtteilen besteht dringend Handlungsbedarf.

Wir müssen jetzt endlich abschnittsweise mit Straßensanierungen beginnen, ansonsten werden die schon bestehenden Schäden immer größer und uns in wenigen Jahren finanziell überfordern.

Mit dem Neubau der Brücke „Flehinger Weg“ in Gochsheim und dem Umbau des Verkehrsknotenpunktes L 618 Gochsheim / Oberacker wird im laufenden Jahr ein Anfang gemacht. Ab 2020 ist dann für die Straßenerneuerung jährlich ein Betrag von 300 000,– € vorgesehen. Dieser wird für die kommenden Aufgaben nicht ausreichen und muss nach Meinung unserer Fraktion deutlich erhöht werden. Aber auch bei kleineren stadtteilbezogenen Maßnahmen wie z.B. der Parkplatzsituation beim Friedhof in Münzesheim oder der Befestigung des Festplatzes in Landshausen sollte die Verwaltung nach Möglichkeiten suchen, diese umzusetzen. Oft sind viele Bürger und auch die örtlichen Vereine bereit, mitzuarbeiten und Eigenleistungen einzubringen.

Zum Schluss möchte ich noch einen uns sehr wichtigen Punkt ansprechen:

Für viele ältere Bürger ist neben altersgerechten Wohnungen oder vorhandenen Pflegediensten auch eine gute Grundversorgung im Ärzte- und Pharmaziebereich wichtig. Ein erstes Alarmzeichen für auftretende Probleme war die Schließung der Gochsheimer Stadtapotheke im Juli 2018. Trotz intensiver Suche hat sich niemand gefunden, der diese traditionsreiche Einrichtung weitergeführt hätte. In wenigen Jahren werden altersbedingt einige Allgemeinärzte hier in Kraichtal ebenfalls einen Nachfolger suchen. Sollte eine Arztpraxis nicht weitergeführt werden, wird es auch für die örtliche Apotheke schwierig, wirtschaftlich zu überleben. Verwaltung und Gemeinderat müssen deshalb darüber nachdenken, welche Unterstützung sie in diesem Bereich anbieten können. Schon mehrfach wurde der Bau eines zentralen Ärztehauses hier in Kraichtal angeregt. Wir brauchen neben allgemein praktizierenden Ärzten hier im ländlichen Raum zusätzlich Fachärzte, wie z.B. einen HNO – Arzt, Augenarzt, Kinderarzt, oder auch einen Orthopäden. Diese sollten zentral in einem Ärztehaus untergebracht sein, gut erreichbar mit öffentlichen Verkehrsmittel und ausreichend Parkplätzen. Die Verwaltung muss sich mit der Ärztekammer abstimmen und ein geeignetes Gelände für diesen Zweck bereitstellen. Ein Investor steht bekanntlich ebenfalls schon in den Startlöchern. Noch kurz zu den Eigenbetrieben: Bei der Wasserversorgung musste die Frischwassergebühr ab dem 01.01.2019 auf 2,40 € pro m³ erhöht werden. Die Ursache liegt in zahlreichen Wasserrohrbrüchen im vergangenen Jahr. Die höhere Gebühr war notwendig, um das Defizit nicht noch weiter anwachsen zu lassen. Der Neubau des zentralen Hochbehälters in Oberacker erfordert im laufenden Jahr Finanzmittel von rd. 4,5 Mio. € . Diese Investitionen sind sinnvoll und erhöhen mit dem neuen Leitungskonzept die Versorgungssicherheit der Bürger. Beim Eigenbetrieb Abwasser werden rund 1,1 Mio. € ausgegeben. Der Großteil dieses Betrages fließt in die Erneuerung der Steuerungselektronik bei den 7 Regenüberlaufbecken, in ein Prozessleitsystem in der Kläranlage Unteröwisheim und in ein neues Kanalnetz im Erschließungsgebiet Gaisberg“ in Unteröwisheim. Auch hier wird in zukünftige Projekte und in technische Verbesserungen
investiert.

Die Freien Wähler stimmen dem Haushaltsentwurf 2019 einschließlich den Haushaltsentwürfen der Eigenbetriebe einstimmig zu. Die Finanzplanung ist wirtschaftlich nachhaltig und tragfähig. Mit hohen Investitionen werden wichtige Impulse zur Weiterentwicklung unserer Stadt gesetzt.

Abschließend möchte ich mich noch bei Ihnen Herr Bürgermeister Hintermayer, der Verwaltung und bei den Gemeinderatskollegen für die gute Zusammenarbeit und die sachlichen und fairen Diskussionen ganz herzlich bedanken.

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!